Von Piazza Armerina hieß es bereits recht früh Abschied nehmen, da der Bus nach Palermo um 09:30 Uhr fuhr. Was immerhin noch Zeit für ein Frühstück ließ. Auch diese Busfahrt war insgesamt nur deswegen der Erwähnung wert, weil sie völlig unauffällig verlief und wir pünktlich gegen Mittag in Palermo am Busbahnhof – direkt neben dem Hauptbahnhof Palermo Centrale gelegen – ankamen. Die Landschaft war zunächst recht wenig reizvoll, was sich erst auf dem letzten Stück ändern sollte, als der Bus von der Nordküste aus gelegentliche Blicke auf das Meer gestattete.
Da wir erst ab 14:00 Uhr in unsere Unterkunft konnten, haben wir die Zeit genutzt, um im – zu dieser Zeit sehr ruhigen – Bahnhof eine Kleinigkeit zu essen. Und ich möchte nicht verhehlen, dass wir es doch tatsächlich gewagt haben – in Italien! in Sizilien! – einen Cheeseburger mit Fritten im McDonalds wegzuschlabbern. Und er war – lecker 🙂
Die Unterkunft selbst war – zwar nicht unbedingt von außen, aber dafür von innen – sehr ansehnlich und konnte vor allem mit einem gigantischen Badezimmer punkten. Und der Lage: Zwei Minuten zu Fuß vom historischen Zentrum entfernt und ca. zehn von der Kathedrale. Diese haben wir natürlich sofort in Augenschein genommen, befindet sich hier doch die bereits erwähnte letzte Ruhestätte Friedrich II., seines Zeichens Kaiser des Heiligen Römischen Reichs und König von Sizilien. Was für Titel!

Neben diesen beiden Grabmälern der möglicherweise bedeutendsten römisch-deutschen Kaiser seit Karl dem Großen hat die Kathedrale von Palermo auch sonst einiges zu bieten, vor allem aber eine tolle Aussicht vom Dach des Gebäudes aus. Und da ich mich bei der ganzen Pracht nicht für ein einzelnes Bild entscheiden kann, hier gleich eine Auswahl, beginnend mit einem Blick auf die umliegenden Berge:

Auf der anderen Seite liegt das Meer, dem wir uns allerdings erst auf der Zugfahrt nach Cefalú auf Sichtweite genähert haben. Hier also eher eine in dem des Himmels fast untergehende Note von Blau:

Und nachdem der Blick vom Dach aus so schön war, möchte ich die Aussicht auf die Kathedrale selbst aus dem benachbarten Diözesanmuseum heraus aber auch nicht verheimlichen:

Im Vordergrund die hier ähnlich wie Sant’Agata in Catania inbrünstig verehrte Santa Rosalia, die Schutzheilige Palermos1. Als alter (fast) Kölner musste ich natürlich sofort an den heimischen Karneval denken.

Wie in den meisten Städten hatten wir auch in Palermo eine Walking Tour gebucht. Neben eher unerfreulichen kulinarischen Denkwürdigkeiten wie den sagenumwobenen Milzbrötchen machte unser Führer uns auf eine wirklich beeindruckende Sehenswürdigkeit aufmerksam: die Klosterkirche Santa Caterina d’Alessandria. Bis 2014 haben in diesem Kloster über fast 700 Jahre Nonnen des Dominikanerordens gelebt. Nachdem das Gebäude allerdings in den letzten Jahren immer größere Schäden aufwies, mussten die letzten verbliebenen Nonnen ausziehen, um eine umfangreiche Restaurierung zu ermöglichen. Seit 2017 ist das Gebäude für die Öffentlichkeit zugänglich und ist heute ein Museum, welches hier aufs Allereindringlichste empfohlen sein soll. So unauffällig das Klostergebäude von außen erscheint, so beeindruckend ist die barocke Pracht im Inneren. Obwohl es gar nicht diese Pracht war, die uns am meisten beeindruckt hat, sondern eher die Details des klösterlichen Lebens und die sonst beinahe nirgends zugänglichen versteckten Elemente der Architektur, wie z.B. die Dachkonstruktion.
Zu einem Kloster, welches auf sich hält, gehört natürlich auch ein Kreuzgang, der insbesondere in südlichen Gefilden nicht nur der Sammlung, sondern auch der Erfrischung dient. Heute dient er allerdings weniger den geistigen als vielmehr den körperlichen Freuden. Direkt neben dem Kreuzgang bietet nämlich eine Bäckerei den Besuchern und sonstigen Touristen Süßwaren der diversen palermitanischen Klöster an. Welche alsdann – die Süßwaren, nicht die Touristen – im Schatten der Bäume verzehrt werden. Der Zutritt zum Kreuzgang ist daher auch nicht an den Erwerb einer Eintrittskarte gebunden.
Wobei ich denke, dass die Schlemmer das Beste verpasst haben. Neben Details aus dem Klosterleben – u.a. das Büro der Priorin mit einem alten Telefon mit Wählscheibe aus dem letzten Jahrhundert – z.B. den Blick hinter die Kulissen der Architektur. So konnte man auf dem Rundgang einen Blick auf die Dachkonstruktion werfen, unter der sich die barocke Herrlichkeit des Innenraums verbirgt. Leider werden derartige Einblicke viel zu selten gewährt. Die einzige Gelegenheit, die mir direkt in den Sinn kommt, war vor ein paar Jahren in Lyon, wo beim Besuch der Basilika Notre-Dame de Fourvière ein ähnlicher Einblick geboten wurde. Mein Rat daher: Die paar Euro investieren und um eine durchaus unübliche Erfahrung reicher nach Hause fahren. Die Backwaren im Kreuzgang kann man ja immer noch mitnehmen.

Hier noch ein paar Worte zu den Eintrittspreisen in Palermo. An mehreren Stellen (Kathedrale und Santa Caterina) ist mir aufgefallen, dass die Eintrittspreise gestaffelt sind und zwar nicht nur wie sonst üblich nach Alter und Status (z.B. Studenten), sondern nach der Anzahl der zu besichtigenden Gebäudeteile. Bei Santa Caterina gilt z.B. folgende Aufteilung:
- Kirche: 3 €
- Kirche und Kloster: 8 €
- Kirche, Kloster und Terrasse: 10 €
Man muss also höllisch aufpassen, nicht zu viel oder zu wenig zu bezahlen, zumal man ja vorher nicht unbedingt weiß, was es denn nun im Detail zu sehen gibt. Schlauer ist man immer erst hinterher. Im Falle von Santa Caterina kann ich aber uneingeschränkt die volle Dröhnung empfehlen, während ich beim Ticket für die „Area monumentale“ der Kathedrale z.B. auf das darin enthaltene Diözesanmuseum auch hätte verzichten können. In der Kathedrale waren übrigens die Grabmäler der „schwäbischen Könige“ frei zugänglich, während sie auf der Preistafel noch als zu bezahlender Anteil auftauchten.

Neben den großen und hinlänglich in beinahe jedem Reiseführer und -bericht besprochenen Sehenswürdigkeiten (dabei denke ich v.a. an die Pfalzkapelle und Montalto, beides UNESCO-Welterbestätten. Welche wir weder gesehen noch besichtigt haben – wir werden also wiederkommen müssen.) gibt es in Palermo natürlich auch weniger Bekanntes zu entdecken, wie z.B. La Magione, eine kleine romanische Basilika aus dem 12. Jahrhundert, die von Heinrich dem VI. – Vater des weit berühmteren Friedrich – dem Deutschen Ritterorden überlassen wurde. Offiziell hört diese übrigens auf einen deutlich weniger schlichen Namen: Basilica della Santissima Trinità.
Auf dem Weg zur Kirche durchquert man einen schönen Park, hinter dem sich eine schlichte Fassade erhebt. Die Kirche selbst ist nicht unbedingt üppig ausgestattet, enthält aber u.a. ein Kreuz des Deutschritterordens und damit einen weiteren Zeugen der wechselhaften Geschichte, welche immer wieder Verbindungen zwischen Sizilien und dem germanischen Norden aufzeigt.
Auf der anderen Seite der Basilika befindet sich dann wieder ein Kreuzgang, sodass die Kirche zwischen Park und Kreuzgang wie in einer kleinen grünen Oase eingeschlossen ist. Dieser Kreuzgang bietet übrigens in seiner Ruhe einen schönen Kontrast zu dem gut bevölkerten Gegenstück des Katharinenklosters und seiner Lärmkulisse aus krachenden Bissen ins frisch erworbene Cannolo und dem Schwatzen der zahlreichen Gruppen.
In den Straßen zwischen Basilika und Piazza delle Rivoluzione gab es übrigens zahlreiche kleine Hutgeschäfte. Trotz meiner Vorliebe für Kappen habe ich es zwar nicht hineingeschafft, aber im Vorbeigehen konnte ich sehen, dass zumindest in einigen der Boutiquen die Kappen nicht nur verkauft, sondern offenbar auch hergestellt wurden.
An besagter Piazza delle Rivoluzione gab es unweit der Basilika übrigens noch ein weiteres Highlight unseres Aufenthalts in Palermo und zwar in der Bar Jasmine . Dort konnten wir nämlich zum Preis von sage und schreibe drei (!) Euro einen sehr leckeren Spritz erstehen. Unser Maßstab für einen vertretbaren Spritz-Preis wurde also im Vergleich zu den auch schon sehr günstigen 5 € in Neapel noch einmal nach unten verschoben. Und falls sich jemand Fragen bezüglich der Qualität stellen sollte: Geschmack und Alkoholgehalt ließen keinen Wunsch offen!

Von der Bar Jasmine aus haben wir uns dann in ein nahe am Hafen gelegenes Restaurant begeben, wo wir mit unserem Neffen und dessen Lebensgefährtin verabredet waren. Welche völlig unabhängig von uns und ohne dass wir voneinander wussten ebenfalls auf Sizilienrundreise waren. Die Welt ist in der Tat ein Dorf. Und im Quid gusto siciliano konnten wir schon einmal auf den letzten Tag in Palermo anstoßen, hatten wir doch für den nächsten einen Abstecher entlang der sizilianischen Nordküste nach Cefalù geplant.
Ausflug nach Cefalù

Bei unserer großen Rundfahrt durch Sizilien war eines bislang etwas kurz gekommen – das Meer. Zwar sind wir ihm in Ortigia nahe gekommen und haben sogar eine kleine Rundfahrt unternommen, aber wir hatten bislang noch keine Gelegenheit gehabt, auch einmal darin zu baden. Das wollten wir nun in Cefalù nachholen. Nachdem die Berichte von Freunden und Kollegen uns bereits den Mund wässerig gemacht hatten, entschlossen wir uns dazu, den Trip am letzten Tag noch einzuschieben. Zumal der Regionale gerade einmal 45 Minuten für die Strecke benötigte.
Ursprünglich sollte es regnen, wir hatten uns also dann doch eher auf weitere Besichtigungen eingestellt, vor Ort hat dann allerdings doch die Sonne geschienen. Kurz entschlossen haben wir uns im örtlichen Stabilimento zwei Liegen à 15 € gemietet und den Tag zwischen dem Blau des Himmels und dem des Meeres verbracht. Und ich habe es auch ins Wasser geschafft! Welches zwar bis relativ weit hinaus sehr flach war, aber zwischendurch immer wieder genug Tiefe für eine Schwimmeinlage bot. Kathedrale und La Rocca haben wir also nur von außen bzw. von weitem gesehen. Genug Anreize, bald einmal wieder zu kommen. Und nachdem wir während der zurückliegenden Wochen eine Unmenge an Sehenswürdigkeiten erkundigt haben, hatten wir auch kein schlechtes Gewissen, einen halben Tag dem dolce far niente zu widmen.
- In seiner Italienischen Reise hat Goethe der Heiligen den Eintrag vom 6. April 1787 gewidmet. Von ihrem Abbild unter dem Altar der Kirche auf dem Monte Pellegrino gab er folgende Beschreibung: „Sie lag wie in einer Art von Entzückung, die Augen halb geschlossen, den Kopf nachlässig auf die rechte Hand gelegt, die mit vielen Ringen geschmückt war. Ich konnte das Bild nicht genug betrachten; es schien mir ganz besondere Reize zu haben. Ihr Gewand ist aus einem vergoldeten Blech getrieben, welches einen reich von Gold gewirkten Stoff gar gut nachahmt. Kopf und Hände, von weißem Marmor, sind, ich darf nicht sagen in einem hohen Stil, aber doch so natürlich und gefällig gearbeitet, daß man glaubt, sie müßte Atem holen und sich bewegen.“ ↩︎